Internationalisierung aus der Perspektive der Mikropolitik und Psychoanalyse

1.1. Problemstellung

Die Internationalisierungen von Betrieben gewannen in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung, wobei diese Prozesse nicht ohne Probleme abgelaufen sind. Angeregt durch diese Probleme beschäftigte sich die Wissenschaft immer mehr mit Internationalisierungsprozessen (vgl. z B. Daniels & Radebaugh 1992, Scherm 1995, Bosch 1997), wobei vorallem die Sicht der UnternehmerInnen dominierte, um die Basis für eine effizientere und effektivere Expansion zu erstellen. Dies führte meiner Meinung nach dazu, daß die zahlreichen individuellen Perspektiven, der an Internationalisierungsprozessen beteiligten Akteure, vernachlässigt wurden und eine Lücke im Verständnis über die Handlungen entstand. Deshalb ist es das Ziel dieser Arbeit, der Frage nachzugehen, wodurch ein besseres Verständnis des Handelns von Personen im Zuge von Internationalisierungsprozessen erlangt werden kann.

 

Eine sehr nützliche Perspektive bietet die Theorie der Mikropolitik (vgl. z.B. Neugberger, 1995 und Küpper & Ortmann, 1988), bei der der Akteur ins Zentrum der Analyse von Organisationen gestellt wird. Wie ist jedoch diese Theorie der Organisationsanalyse in einem internationalen Kontext anwendbar, und welches Erklärungspotential für die auftretenden Probleme ist enthalten.

 

Da die mikropolitische Theorie sehr stark auf das im sozialen Umfeld handelnde Individuum abstellt, ist es interessant hinter die Fassaden der Personen zu schauen. Wenn man davon ausgeht, daß sich Menschen nicht bloß Verhalten, sondern intentional - sei es bewußt oder unbewußt - Handeln, dann ist es für ein besseres Verständnis notwendig, die ‚inneren Funktionsweisen und Prozesse' zu beachten und nach den Ursachen zu fragen. Im Zuge dieser Arbeit möchte ich daher erörtern, wie eine individualpsychologische Sichtweise, vorallem die der Psychoanalyse, bei der Betrachtung von Internationalisierungsprozessen hilfreich sein kann.

 

Bei Internationalisierungen kommt es - in größerem oder kleineren Maße - zu einem Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen. Diese Konfrontation kann der Boden für zahlreiche Konflikte sein, die, wenn man sie nicht erkennt, bzw. sich nicht darauf vorbereitet, zu dauerhaften Problemen werden können. Ich möchte daher untersuchen, ob diese Konflikte aus der veränderten Sichtweise erklärt werden können, um dadurch ein vorzeitiges Erkennen und Verstehen zu ermöglichen und eventuell präventive Maßnahmen zu begründen und einzuleiten.

1.2. Aufbau der Arbeit

Im nächsten Abschnitt möchte ich einen grundsätzlichen Überblick über die Theorie der Mikropolitik geben und dann spezielle Begriffe näher klären, um dabei der Frage nachzugehen, welche zentralen Momente für meine Problemstellung interessant sein könnten. Vorallem scheint es mir wichtig, die Schnittstellen zur individualpsychologischen Sichtweise zu erläutern und die Bereiche für kulturelle Einflüssen auf den Akteur abzustecken. Um mein eigenes Verständnis dieser Sichtweise zu erklären und um einen besseren Überblick zu ermöglichen, möchte ich zum Schluß dieses Teiles ein politisches Interaktionsmodell erstellen.

 

Im dritten Teil werde ich dann den Akteur, der in der mikropolitischen Sichtweise dominiert, vor den Hintergrund der Psychoanalyse stellen. Welche Erklärungen bietet die Individualpsychologie für mikropolitische Handlungen. Dabei sind vorallem die Begriffe Interessen, Struktur und Macht interessant. Auch diese Erkenntnisse werde ich am Ende dieses Kapitels in das politische Interaktionsmodell integrieren.

 

Am Anfang des vierten Kapitels möchte ich näher auf die Begriffe Internationalisierung und Kultur eingehen. Dabei interessieren mich vorallem die entscheidenden Kulturdimensionen und -funktionen für den einzelnen Akteur. Daran anschließend komme ich zur Hauptfrage dieser Arbeit, inwieweit man durch das politische Interaktionsmodell ein besseres Verständnis von Internationalisierungsprozessen erlangen kann und welche entscheidenden Bereiche des Akteurs von Veränderungen betroffen sind. Abschließend komme ich dann zu den Möglichkeiten einer Prävention, sei es aus der Sicht der Organisationsentwicklung, der beschäftigten Personen oder der Personalentwicklung.

 

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